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Hypnose Tinnitus: Wie kann sie helfen?

Wer selbst unter Tinnitus leidet oder Betroffene kennt, weiß, wie belastend dauerhafte Ohrgeräusche seelisch sein können. Bis heute ist die Entstehung dieses Phänomens nicht vollständig geklärt. Häufig begeben sich Menschen mit Tinnitus auf eine lange Odyssee, bis Sie Linderung finden.

Im folgenden Artikel möchten wir daher die Möglichkeiten der Hypnose bei Tinnitus abschätzen und im größeren Rahmen darstellen.

Publiziert: 10. Oktober 2024

Senior woman suffering from tinnitus or ringing in her ears.

Das Wichtigste in Kürze

  • Vor einer hypnotherapeutischen Sitzung sollten medizinische Ursachen abgeklärt werden.
  • In der Hypnose kann assoziativ mit dem Symptom Tinnitus gearbeitet werden. Dabei wird den Ohrgeräuschen ein Aussehen gegeben, das man in der Vorstellung verändern kann.
  • Auch eine Umlenkung des Fokus vom Tinnitus auf andere Gedanken und Vorstellungen kann zur Anwendung kommen.

Tinnitus: Ein komplexes Beschwerdebild[i]

Unter Tinnitus versteht die Medizin Ohrgeräusche wie Pfeifen, Klingeln oder Rauschen, die ihren Ursprung nicht im Außen haben. Zwar sind die Geräusche im Ohr an sich keine Gefahr für den Menschen können aber auf Dauer zu einer seelischen Belastung für Betroffene werden. Bis heute zählt Tinnitus zu jenen Erkrankungen, die fortlaufend erforscht werden, jedoch noch immer große Geheimnisse bergen. Behandlungsmöglichkeiten gibt es verschiedene, die Resultate sind nicht immer vielversprechend.

Grundsätzlich wird zwischen subjektivem Tinnitus, der nur von der Person selbst gehört wird und mit einer veränderten Geräuschwahrnehmung zusammenhängt, und einem objektiven Tinnitus, der auch messbar ist, unterschieden.

Die Suche nach der tatsächlichen Ursache ist häufig alles andere als einfach. Neben Strömungsgeräuschen des Blutes auf Grund verengter Gefäße, können auch Muskelzuckungen im Mittelohr und Gaumen oder eine offene Ohrtrompete für die Entstehung eines objektiven Tinnitus sein. Bei der subjektiven Form des Tinnitus ist das gezeichnete Bild meist diffuser: Sowohl Tumore im Bereich der Kopfschlagader, Anämien oder Herzklappenerkrankungen werden mit der Entstehung hier in Verbindung gebracht.

Schulmedizinischer Zugang bei Tinnitus

In der schulmedizinischen Vorgehensweise wird zwischen akutem und chronischem Tinnitus unterschieden. Ersterer wird wie ein Hörsturz gesehen und mit Cortison behandelt. Bei chronischen Formen gibt es verschiedene Empfehlungen[ii], wo ein Team verschiedener Fachrichtungen von Nöten sein kann:

  • Psychotherapie: Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass psycho- und verhaltenstherapeutische Zugänge bei chronischem Tinnitus am besten untersucht sind und daher auch häufig ärztlich verschrieben werden.
  • Hörhilfen und -training: Ist das Auftreten des Tinnitus verbunden mit einer nachlassenden Hörleistung, so sollte auch über die Nutzung von Hörgeräten nachgedacht werden. Anschließend gilt, zu evaluieren, wie sich diese auf den Tinnitus auswirkt. Auch Hörtherapien können Linderung bringen, indem die Hörwahrnehmung skaliert und neu trainiert wird.
  • Stressmanagement: Eine bewusste Analyse der Lebensumstände und eine entsprechende Ausarbeitung von Impulsen aus Entspannungsverfahren wird in allen Phasen des Tinnitus empfohlen. Neben der Etablierung innerer Ruhe und Entspannung, soll vor allem die Konzentration weg vom Symptom Tinnitus gelenkt werden. Aus diesem Grund kann sich achHypnose anbieten.
  • Tinnitus-Noiser und Tinnitus-Masker: Der Einsatz von sogenannten Rauschgeräten ist zwar nicht wissenschaftlich belegt, kann aber auch eine Möglichkeit zur Arbeit mit Tinnitus darstellen. Dabei soll ein Gegengeräusch erzeugt werden, um die Bewertung und Wahrnehmung der Ohrgeräusche zu verändern. Masker sollen den Tinnitus übertönen und sind z.T. auch in Hörgeräten integriert.

Abklärungen vor der Hypnose bei Tinnitus

Wird ein Hypnosetherapeut von einem Klienten mit Tinnitus kontaktiert, so wird hier im Sinne unseres Ethik-Codex abgefragt, ob das Beschwerdebild bereits medizinisch untersucht wurde. Falls nicht, so gilt dies als erster Schritt. Sollte der Klient bereits entsprechende Abklärungen hinter sich und möglicherweise die Unterstützung durch einen Psychologen oder Psychotherapeuten haben, so empfiehlt sich eine Rücksprache mit der Fachkraft vor Beginn der Hypnosetherapie.

Für eine mögliche interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Hypnosetherapeut und Ärzten bzw. Therapeuten kann auch ein Austausch hinsichtlich der verschiedenen Arbeitsschwerpunkte am Thema Tinnitus hilfreich sein. Der Klient sollte vor der ersten Sitzung auch aufgeklärt werden, dass die Hypnose keinen Ersatz für eine herkömmliche Tinnitus-Therapie darstellt, sondern der Ergänzung dient.

Vor Beginn der Arbeit wird auch gemeinsam besprochen, ob der Klient mit der Vergangenheit arbeiten möchte. Dies bestimmt niemals der Hypnosetherapeut. Sollte die Zustimmung erfolgen und eine Grundtherapie bestehen, so muss auf jeden Fall mit dem behandelnden Arzt oder Psychotherapeuten diesbezüglich Rücksprache gehalten werden. Falls der Klient ein auslösendes Ereignis für die Entstehung des Tinnitus vermutet, so muss hier ganz genau abgeklärt werden, um mit dem mutmaßlichen Auslöser auch risikofrei gearbeitet werden soll bzw. darf.

Hypnotische Überlegungen bei Tinnitus

Die Hypnosetherapie möchte dort ansetzen, wo es um eine Umbewertung des Ohrgeräusches oder mögliche damit einhergehende Begleiterscheinungen geht. Sie soll eine ergänzende Behandlungsmethode darstellen und mit medizinischen sowie therapeutischen Maßnahmen zusammenarbeiten. Im Vorgespräch ist eine genaue Situations- und Umfeldanalyse sinnvoll: Der Klient soll beschreiben, wie genau sich der Tinnitus äußert, ob es erleichternde und verschlimmernde Faktoren gibt und zu welchen Zeiten er am häufigsten auftritt. Ebenso wird abgeklärt, wie sich der Klient fühlen möchte und wie er sich dies vorstellt (Wunschgefühle und -vorstellungen). Dies bildet die Basis für den gesamten weiteren Prozess. Einige spezielle Vorgehensweisen sollen anbei näher erläutert werden:

Assoziative Therapie bei Tinnitus

Wenn der Klient schon eine bestimmte Vorstellung hinsichtlich des Aussehens des Tinnitus äußert, dann bietet sich die assoziative Hypnosetherapie an. Hierbei wird dem Symptom (Tinnitus) in der hypnotischen Trance ein Aussehen verliehen. Das können Formen, Farben, Gegenstände oder Symbole sein. Die Vorstellung von Menschen sollte vermieden werden. In der Hypnose ist nun der Klient angehalten, Aussehen, Farbe und/oder Form zu verändern. Zum einen soll er so ein Stück weit die Kontrolle zurückerhalten, zum anderen soll auf diese Weise der Umgang mit dem Tinnitus verändert werden.

Wenn es sich beim Tinnitus beispielsweise um eine Tröte handelt, kann der Klient diese z.B. verkleinern oder die Lautstärke minimieren. Der Hypnosetherapeut gibt dies nicht vor, sondern ggfs. Hilfestellungen, wenn der Klient dies möchte. Es kann oft schon helfen, durch diesen selbsttätigen Umgang dem Tinnitus seinen Schrecken zu nehmen. Unterstützt wird der Prozess der assoziativen Hypnosetherapie von einer körpereigenen Ressource des Klienten, die er zu Beginn der Hypnose, gemäß seiner Wunschgefühle aufsucht.

Posthypnotische Suggestionen bei der Arbeit mit Tinnitus

Entsprechend der geäußerten Wunschgefühle und -vorstellungen kann der Klient auch sogenannte (Auto-)Suggestionen (formelhafte Sätze) kreieren, die in der hypnotischen Trance zur Arbeit mit dem Tinnitus genutzt werden. Diese werden immer wieder wiederholt und sollen den Klienten zusätzlich zur aufgesuchten Hypnose gegen den Tinnitus unterstützen. Möchte sich der Klient beispielsweise frei von Druck, leicht und unbeschwert fühlen, so können Suggestionen sein: „Ich bin frei von Druck. Ich fühle mich leicht und unbeschwert.“ Suggestionen sollten stets mit den vom Klienten geäußerten Worten und Formulierungen gestaltet werden, um Identifikation zu schaffen. Sie sollten stets positiv, glaubwürdig und kurz formuliert sein.

Tinnitus und Affekt

In der hypnotherapeutischen Betrachtung kann Tinnitus auch der Ausdruck des Unterbewusstseins sein, der mit einem tieferliegenden Symptom verknüpft ist. Dieses entsteht dann, wenn unterschiedlichste Momente dasselbe belastende Gefühl auslösen.

Zum Verständnis ein Beispiel: Wurde jemand als Kind ausgelacht und fühlte sich weniger wertvoll als andere, so kann damit verbundene Momente im späteren Leben stattfindende Momente, wo sich der Erwachsene ebenfalls nicht wertvoll fühlte, verstärken. Der erwachsene Mensch spürt dann z.B. einen zunehmenden Schwindel, medizinisch abgeklärt, (in diesem Fall Sekundärsymptom). Bei genauerer Nachfrage stellt sich heraus, dass er in Situationen, wo er sich weniger wertvoll fühlt, eine Enge im Halsbereich spürt (Primärsymptom = Affekt).

Genauso kann auch der Tinnitus ein Sekundärsystem sein, dem ein Affekt vorgeschaltet ist. Diesen gilt es, mit dem Klienten herauszufinden. Der Affekt ist als Gefühl zu sehen, der mit einer belastenden Emotion verbunden ist. Diesem kann in der Hypnosetherapie, wenn der Klient dies möchte, in die Vergangenheit gefolgt werden zu einem möglichst frühen Moment, wo der Effekt zu einem der ersten Male auftrat. Das Einverständnis zur Arbeit mit der Vergangenheit muss explizit gegeben werden.

Bei Hypnose Palacios gehen wir nicht von einem auslösenden Moment, sondern von vielen aus. Die in der Hypnose aufgesuchte Situation ist eine repräsentative und möglichst frühe. Mit Hilfe einer Ressource, gemäß der Wunschgefühle wird daran gearbeitet, den Affekt zu mildern. Dadurch sollen sich auch Primär- und Sekundärsymptom verändern oder sogar lösen können.

In unserer Hypnose Ausbildung ist die sogenannte Affektbrücke ein sehr wertvolles Instrument, das auch bei Tinnitus angewandt werden kann, vorausgesetzt, der Klienten möchte in die Vergangenheit gehen.

Fokusumlenkung und Neubewertung

Die Erfahrung hat gezeigt, dass auch eine Fokusumlenkung weg von den Ohrgeräuschen auch sehr effektiv sein kann. Betroffene berichten, dass der Tinnitus meist nachts oder in Ruhephasen am deutlichsten wahrgenommen wird. Mit Klienten kann man beispielsweise in einem Meditationscoaching erarbeiten, den Fokus mit einer Meditation beispielsweise auf die Atmung oder einen bestimmten Punkt im Raum zu richten. So kann sich unter Umständen die Intensität bzw. die Wahrnehmung des Tinnitus verändern, da dem Gehirn gelernt werden soll, seine Energie und Konzentration auf etwas anderes zu legen.

In unserer Meditations Ausbildung lernen unsere Schülerinnen und Schüler, individuelle Meditationen zu kreieren, um ihre Klienten bei Themen zu unterstützen, mit denen sie bereits lange hadern. Es geht hier nicht darum, den Tinnitus wegzumeditieren, sondern eine neutrale Haltung zu entwickeln und die Übersensibilität zu verringen. Je neutraler der Tinnitus betrachtet werden kann, desto eher verliert er seine Übermacht.

Doch auch die Hypnose kann mit Ihren Techniken eine Fokusumlenkung fördern. Im Gegensatz zur Meditation geht es allerdings eher um eine Neubewertung des Tinnitus. So können Klienten darin gestärkt werden, Situationen, in denen die Ohrgeräusche auftreten, souveräner zu meister. In der Hypnose Ausbildung lernen unsere Schülerinnen und Schüler sogenannte Impacts, wo sie die Klienten mit bildhaften Vorstellungen unterstützen können.

Ein Beispiel wäre der „Schalter“, wo man nach dem Vorgespräch und der Absprache der Vorgehensweise, in der Hypnose einen Schalter integriert. Durch Umlegen soll dies die Veränderung der Geräuschwahrnehmung fördern. Auf diese Weise können in der Vorstellung Prozesse eingeleitet werden, um das Gefühl hin zum Tinnitus zu verändern und neue Nervenverknüpfungen anzustreben.

Eigeninitiative der Klienten bei Tinnitus

Die Erfahrung hat gezeigt, dass in der hypnotischen Arbeit auch die Eigeninitiative des Klienten eine sehr große Rolle spielt. Hypnose bei Tinnitus kann Anstöße geben. Die Fortführung im Alltag und das nachhaltige Abspeichern der gemeinsam erarbeiteten Anker, Ressourcen und Selbsthypnose Anleitungen obliegen dem Klienten. Die Selbsthypnose kann hier ein sehr wertvolles Tool sein, anhand dessen der Klient die für ihn wichtigsten Aspekte der Hypnose selbstständig weiter vertiefen kann.

Fazit

Die durch die Symptomatik Tinnitus herbeigeführte Belastung kann die Lebensqualität deutlich einschränken. Als ergänzende Maßnahme kann bei Tinnitus Hypnose zum Einsatz kommen, um Klienten hin zu mehr Wohlbefinden zu unterstützen. Die Hypnose bietet die Möglichkeit, Stress entgegenzuwirken, was auch medizinisch empfohlen wird. Gleichzeitig existieren verschiedene Techniken, mit denen die durch den Tinnitus bewirkten Störungen und Belastungen positiv beeinflusst werden können. Wenngleich es keine wissenschaftliche Bestätigung für die Wirksamkeit der Hypnose bei dieser Krankheit gibt, so kann sie doch vielversprechende Beiträge im Sinne der ganzheitlichen Arbeit leisten.

Autor

Philipp Feichtinger, BEd. hat in Österreich Lehramt für Mathematik und Geschichte studiert und mit Auszeichnung abgeschlossen. Bereits während seines Studiums interessierte er sich für komplementärmedizinsche Themen und Verfahren und ließ sich umfassend zum Naturheiltherapeuten ausbilden. Es folgte in Deutschland die Ausbildung zum Heilpraktiker und bei Gabriel Palacios zum Hypnose- und Gesprächstherapeut nach der Methode Invaluation® sowie Coach für Geistige Entwicklung. Neben seiner Naturheilpraxis in Österreich ist er auch Kurs- und Seminarleiter zu verschiedenen Entspannungsverfahren, Energie- und Coachingmethoden u.a. an den deutschen Paracelsus Gesundheitsakademien und Autor zahlreicher Fachartikel in Gesundheitsmagazinen im deutschsprachigen Raum. Seit Juni 2023 ist er im Team von Palacios Relations.

Quellen und Studien